Hallo, wieder einmal ein Blogbeitrag von mir.

Es kommen viele Anfragen, worin sich das Slow Acting, speziell sein Schauspiel unterscheidet von anderen Schauspiel-Schulen. Ich wünsche mir, das mit diesem Blogbeitrag eine Antwort gelungen ist. Eine Ausformulierung dieses Themas ist nicht wirklich möglich. Die initiatisch-künstlerischen und transzendierenden Medien, die zur Anwendung kommen sind, im Grunde genommen, nur auf dem Weg der Erfahrung zu erfassen.

Und noch etwas: Zufällig ist mir in diesen Tagen ein Taschenbuch von E. Neumann wiederbegegnet. Es gehörte einmal zur Standardlektüre meiner Ausbildung in Initiatische Therapie. Es ist mehrere Jahrzehnte alt, wirkt so, als wäre es für die großen Probleme dieser Zeit geschrieben. Das ist an manchen Stellen ein wenig unheimlich. Ich möchte es Euch dringend ins Herz legen: Tiefenpsychologie und neue Ethik, heißt es.

Bei Fragen nach dem Phänomen HARA empfehle ich, nach wie vor, das Lehrbuch von Graf Dürckheim, mit dem gleichnamigen Titel.
O.k. das sind zwei Bücher die, im Hinblick auf die enormen Umwälzungen zurzeit, Lebenshilfe geben können.
Habt ein gutes Jahr 2024 mit kräftiger, schöpferischer Kraft und stets transzendierenden Inspirationen.

Slow Acting-Schauspiel

Mit der von uns entwickelten Methode Slow Acting-Schauspiel, die Kunst meditativer Langsamkeit, finden wir in die vitale Ausdruck-Kraft auf der Basis von szenischen Improvisationen und gebärden- und körperorientierter Darstellung. Wir erforschen und manchmal zelebrieren wir auch die Schritte, hin zu einer Bühnenfigur, zum anderen Ich. Z.B. aus vorgegebenen Ausdrucksübungen, Texten, Zitaten, universellen Gebärden aus unterschiedlichen Kulturen und vielen dialogischen Interaktionen…

Unsere improvisatorische Vorgehensweise ist für alle ein Tanz auf dem Seil, das bedeutet, auch im Unsicheren sicher handeln zu können. Das ist der schöpferische Prozess, aus dem unsere Schauspiele entstehen. Sie sind unterhaltsam und intelligent, oft absurd, dramatisch, teilweise mit transzendierender Wirkung usw. Wir versuchen durch viele dramaturgische Extreme wie Langsamkeit und Stopps, ritualisierte Interaktionen, atemrhythmisches Sprechen, Ausdrucksübungen im Stile des Zen, eine kreative Beziehung zur Gegenwart herzustellen. Wir betonen dabei vor allem die Kostbarkeit seelischer Werte. Sie werden im Alltag oft übersehen.
Mit allen Beteiligten erforschen wir immer dialogisch, wie sich physisch und psychisch der Wechsel von Spontaneität und Ritual, Entwicklung und Verwerfung, Leidenschaft und Ritual auswirkt. Dieser Wechsel ist  Schwerpunkt unseres Trainings. Er bewirkt, dass unser Schauspiel Widerhall im Herzen des Publikums erzeugt.

Wir gehen mit unserer Methode Slow Acting sehr bewusst gegen den Trend der Schnelllebigkeit und Leistungsfixiertheit vor. Durch unsere künstlerischen und initiatischen Mittel, erfahren die Spielenden und erfahrungsgemäß das Publikum, wie durch ritualisiertes Wiederholen von Tönen, speziellen Gesängen, Worten und Lauten, Bewegungsabläufen und Gehweisen usw., die innere Ordnung und Stabilität, immer wieder neu hergestellt und verankert werden kann.

Das Training von Bühnenpräsenz hat selbstverständlich eine tragende Rolle inne. In allen Spielen und Ritualen, in den szenischen Impros und Interaktionen, in allen Handlungen. Gemeint ist das absolute Gegenwärtig-Sein auf der Bühne, im Hinhören was die Gegenfigur sagt, in der ehrlichen Darstellung dessen was sie in mir auslöst. Dieses Gegenwärtig Sein ist das A und O auf der Bühne und im Alltag. Das üben wir wie auf dem Inweg zur  Meditation. Tatsächlich kann, es ist manchmal geschehen, in einer Endphase des Trainings die komplette Darstellung zur Meditation werden.
 Durch das spätere stark ritualisierte Training bei den Darstellungen verankern sich Authentizität und Integrität. Sie gehören zum zentralen Anliegen des Slow Acting Schauspiel-Trainings, mit dem Erleben des gegenwärtigen Augenblicks.

Unsere Bühne ist für Wandlung und Wunder der stimmige Raum.

Ästhetische und absurde Originalität

Slow Acting-Schauspiel fördert Spielpräsenz und Lebensqualität, Selbsterfahrung, Gewinn an sozialer Kompetenz und vor allem schauspielerisches Slow Acting-Handwerk. Es ist Kulturen- und Genderübergreifend. Unsere Bühnenkunst ist avantgardistisch, experimentell und radikal, unorthodox und humorvoll.

Nach Aufführungen verteilen wir Fragebögen ans Publikum, mit der Bitte um Rückmeldungen. Manche Anregungen daraus haben die Chance, in die nächsten Aufführungen integriert zu werden. Auf diese Weise haben auch die Zuschauer Möglichkeit sich an unseren Schau-Spielexperimenten zu beteiligen. Jede Aufführung kann darum Veränderungen aufweisen.

Masken- und Kostümwerkstatt

Einen wesentlichen Anteil an der Methode Slow Acting-Schauspiel hat die Masken- und Kostümwerkstatt von Gianni Sarto.

Gianni Sarto ist Mitbegründer der Methode und Mitleiter der Trainings. In seinem Atelier im Theaterlabor stellt er die Kostüme her und schminkt die Spielenden mit oft aufwendigen Gesichtsmasken. Seiner umfassenden Kenntnis, auch im digitalen Foto- und Videobereich, ist es zu verdanken, dass unsere professionellen Fotografien und Videoaufnahmen, unsere gemeinsamen Theaterproduktionen, Konzerte und Lesungen in der Theaterlabor Mediathek betrachtet werden können.

Nachhaltigkeit, Farbigkeit und Diversität ist uns wichtig

Die Kostüme und das Bühnenbild, sie werden aus recycelten Materialien hergestellt und bei Bedarf aus unsrem Fundus ergänzt. Unsere interdisziplinären Bühnenstücke werden für eine barrierefreie Videoproduktion erarbeitet. Nach der Premiere sollen sie einem breiten Publikum online zugänglich gemacht werden.

Ein weiteres Anliegen ist uns Diversität. Unser Ansatz besteht darin, für das Stück JETZT ein Ensemble zu finden, das aus drei Männern und / oder Frauen, unterschiedlichen Alters, mit PoC bzw. LSBTIQ.

Nach den Aufführungen wünschen wir uns vom Publikum, das es seine Eindrücke auf Fragebögen mitteilt. Anregungen daraus werden in unsere nachfolgenden Inszenierungen einbezogen. Unsere interdisziplinären Theaterstücke werden für eine barrierefreie Videoproduktion erarbeitet. Nach der Premiere soll es einem breiten Publikum online zugänglich gemacht werden.

Bühnenlicht

Antje Orentat entwickelt mit Gianni Sarto das Bühnenlicht. Sie ist auch zuständig für das Organisatorische, viele Projekte und Veranstaltungen des Theaterlabor Traumgesicht e. V.

Von innen nach außen

denn Gefühl ist alles.
Diese Erkenntnis fand ich bei W. J. Goethe. Sie hat mich bei der Entwicklung des Slow Acting Schauspiel bestätigt. Du kennst das sicher auch dieses Unbehagen, wenn Gefühle unterdrückt, oder abgewertet werden. In unserem Training aber bist du mit allen deinen Gefühlen herzlich willkommen. Du wirst sie bald alle mit Ausdrucksfreude  zulassen, erleben und verkörpern. Immer gerade so viel, wie du es magst und kannst. Und bei uns werden sie nicht eingeordnet in gute oder schlechte Gefühle. Alle haben sie gleichermaßen Charakter und Substanz. So geben sie die Grundlage für den individuellen Ausdruck.

Unser Bühne befreit alle Gefühle durch reiche Ausdrucksübungen und ritualisierte Interaktionen und bei der Darstellung unterschiedlicher Rolleen. Bühnenfiguren ergeben sich von selbst aus dem Übungstraining. Selbstwirksamkeit, gesteigerte Ausdruckslust und authentische Selbstbestimmung nehmen zu. Vor allem die Rollenflexibilität und Darstellungs-Sicherheit. Und das nicht nur auf der Bühne!
Ohne Leistungsdruck und ohne Kopfbestimmung erlebst du
in Freiheit unser Training, in Form szenischer Improvisationen.Nämlich, mit den Worten von E. Barlach:

„Du darfst alles Deinige, das Äußerste, das Innerste, Gebärde der Frömmigkeit und Ungebärde der Wut, ohne Scheu wagen. Denn für alles, heiße es höllisches Paradies oder paradiesische Hölle, gibt es einen Ausdruck“.

Aus der Korrespondenz des Körpers mit den Gebärden und der Stimme, immer wieder neu, immer wieder anders und frei improvisiert, entwickelt sich dieser Ausdruck.
Diese Vorgehensweise bringt die Figuren hervor und oft die Kernthemen, die in szenischen Improvisationen evtl. für Videoaufnahmen, oder Aufführungen ausgearbeitet werden. Das dafür aktivierte physische und psychische Ausdrucks-Erleben öffnet, zum bewusst großgeschrieben, großen LEBEN und verbindet mit der schöpferischen Tiefe. Du spürst deutlich, das du über dich hinauswächst. Die Bewegungsabläufe und stimmlichen Gestaltungen  gelingen mit manchmal magischer Qualität. Sie sind von der Trainingsidee her erwünscht, diese Berührungen mit der Transzendenz.  Denn der Alltag verschließt sich dieser Sphäre immer mehr. Wir aber nehmen sie ernst, diese transpersonalen Ebene.

Spontan Sein

Du wirst dich freuen, wenn du die faszinierenden Facetten des Lebens mit den Mitspielenden auf der Bühne erfährst. Du durchläufst und gestaltest unterschiedliche Figuren und Situationen, alleine und in Interaktionen, nie einstudiert, immer improvisatorisch. Du folgst ganz selbstverständlich augenblicklichen Eingebungen und Spielwünschen. Die Szenen dürfen alles sein, dramatisch, komödiantisch, musikalisch, ohne festen, gerne aber Eigentext, paraphrasierend. Die Dialoge entstehen im Moment, durch aufmerksames Hinhören und aus der Wahrheit des Augenblicks.

Du schöpfst aus der reichen, seelischen Innenwelt.

Die szenischen Improvisationen erfüllen sich mit wissender und dich weisender Energie, sie führen und begleiten dich in allen Darstellungen, und du verkörperst sie, so wie du kannst und möchtest. Lampenfieber und Hemmungen sind längst gelöst und die Sehnsucht, ganz bei dir selbst und mit den anderen zusammen, im Spiel zu sein, erfüllt sich und kann Ereignis sein.

Du kannst nichts falsch machen

Im Gegensatz zu draußen, kannst du als Bühnenfigur nie etwas falsch machen.
Nach einer szenischen Impro bekommt sie Rückmeldungen. Sie betreffen nur deine Figur, ihr Handeln, ihren körperlichen und verbalen Ausdruck, ihre Präsenz und Ausstrahlung, ihre Wirkung. Du als Person bleibst geschützt, wirst nicht bewertet. Der Unterschied zwischen der Fremdwahrnehmung und deiner Eigenwahrnehmung wird dir bewusst und diese Realitätsüberprüfung bringt enorme Verbesserung deiner Authentizität.

Auf schwarzer Bühne hängt in der Mitte ein geroßes Bild, welches ein auge zeigt. Davor stehen zwei schwarze Stühle mit grünem Polster und ein schwarzer Tisch in der MitteVon außen nach innen

Dieser andere Ausdruck-und Darstellungsstil, die strengeren Ritualisierungen trainieren zu unserer spezielle Ausdruckskunst . Sie wirken von außen, vom körperlichen Ausdruck, ins Innere. Die Ausdrucks-Rückwirkung kommt nun bewusst ins Spiel. Die Körper-Bewusstheit und Ausdruckbreite erweitert sich, die Sphäre von Spiel und Ritual verändern dein Verhalten. Es wird verfremdet durch die starke Verlangsamung deiner Impulse. Sie erhalten so, die für unsere angestrebte, avantgardistische Bühnenkunst speziellen Fähigkeiten. Dem unbewussten Bewegungsdrang wird nun nicht mehr spontan gefolgt. An seine Stelle kommt das sehr bewusste Gestalten und Darstellen.

Aus dem Vielen soll das Eine werden

Manche Sehnsucht kann erfüllt werden, z.B. die nach der Präsenz, die das Viele reduziert auf das Eine und Wesentliche. Auch auf präzises Artikulieren durch atemrythmisches Sprechen wird nun mehr Wert gelegt und auf prägnante Bewegungsabläufe, Gehweisen, Hand- und Leibgebärden … Sie werden meditativ, in manchen Moment wie kultisch ausgedrückt und gleichzeitig mit eigener Inspiration kombiniert. Auch das Zusammenspiel von Leidenschaft und Ritual ist jetzt dran. Die Handlungen und Interaktionen bekommen oft feierlichen Ausdruck. Der eingestreute expressive Ausdruck verhindert Einseitigkeit.

Diese Darstellungsweise hat im deutschsprachigen Raum ein Alleinstellungsmerkmal!

Das Wesen und seine Gestaltwerdung

Unsere Bühnenkunst ist assoziiert mit den Zen-Künsten und ihrer traditionellen WEG-Ausrichtung, mit dem Nô-Spiel, dem Butoh-Tanz und fernöstlichen Bühnenritualen. Unsere Kunst kann das tiefe Wesen in uns selbst, als Darstellende, und im Publikum berühren. Das Wesen ist, nach Graf Dürckheim:

„die Weise, in der das Sein in einem Menschen danach drängt, in bestimmter Gestalt offenbar zu werden“.

Dieses spezielle Drängen nach Offenbarung und Ausformung, das mehr oder weniger, bewusst und unbewusst, uns allen mitgegeben ist, wird im Training durch spezielle Übungen und Arten der Darstellung unterstützt. Durch das Verkörpern vieler Figuren, in freier und in ritualisierter Impro, vor allem. Du gewinnst künstlerische und persönliche Erneuerung. Darum:

„…nicht müde werden, sondern dem Wunder wie einem Vogel die Hand hinhalten“ Hilde Domin.

Erlebst du dich angesprochen von unserem Training? Wenn ja, dann komm dazu und erlebe dich willkommen. Wir sind eine kleine, freundliche und experimentierfreudige Gruppe. Wir trainieren immer montags, von 18 Uhr bis 21 Uhr.

Weitere Infos zur Anmeldung findest du mit diesem Button auf der Seite des Theaterlabor Traumgesicht.

Zum Schauspieltraining

N.B. Im Rahmen des Stärkungspakets „Kunst und Kultur“ des Landes NRW für freischaffende Künstler erhielt ich 2020, 2021, 2022 ein Stipendium.